Bundespräsident a.D. Christian Wulff als Redner beim „Korbinians-Kolleg“
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Bundespräsident a.D. Christian Wulff als Redner beim „Korbinians-Kolleg“

14. Februar 2023
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Fotocredit: Alexander Courtman

„Gewinnen in der Niederlage“: Korbinian Kohler begrüßte Bundespräsident a.D. Christian Wulff als Gastredner zum „Korbinians Kolleg“ im „Spa & Resort Bachmair Weissach“

Das „Korbinians-Kolleg“ zieht seit Jahren Wissenschaftler, Politiker, Künstler, Wirtschaftsführer und Philosophen aus ganz Deutschland an den Tegernsee. Die im Jahr 2017 von Hotelier Korbinian Kohler ins Leben gerufene Vortragsreihe hat sich mittlerweile fest im Veranstaltungs-Kalender etabliert. Auch jetzt öffnete das „Spa & Resort Bachmair Weissach“ wieder seine Türen für Themen, welche die Gesellschaft bewegen – wie gewohnt mit einem brandaktuellen Thema. Das Wintersemester 22/23 stand unter dem Motto „Krisen unserer Zeit.“ Besonders groß war das Interesse am vergangenen Freitag, 10. Februar: Rund 300 Gäste kamen, denn der Gastredner an diesem Abend war Bundespräsident a.D. Christian Wulff. Dieser referierte im bis auf den letzten Platz besetzten Saal zum Thema „Gewinnen in der Niederlage“. Rund eine Stunde lang sprach Christian Wulff auf der Bühne zu aktuellen Themen wie den derzeitigen Krisen, beginnend mit dem Erdbeben in der Türkei und in Syrien, der Bedeutung der Demokratie und dann auch offen und ehrlich über die eigenen Höhen und Tiefen, die er erlebt hat. Und wurde am Ende des rund einstündigen Vortrags mit donnerndem Applaus bedacht…

Das Thema Krisen stand bei seinem Vortrag im Fokus; „Wir hören es oft: ‚Es muss besser werden‘. Oder: ‚so kann es nicht weitergehen‘. Aber man muss auch etwas tun! So wie zum Beispiel die Helfer mit den Spürhunden in der Türkei und Syrien, die eine Frau nach über 100 Stunden aus den Trümmern gerettet haben. Sie haben die Welt ein Stück besser gemacht“, so Christian Wulff. Auch die Herausforderungen angesichts des Wandels von analoger zu digitaler Kommunikation und die derzeitige Spaltung der Gesellschaft thematisierte er: „Beispiel Maskenpflicht: Für die einen ist es wichtig, für die anderen eine Zumutung. Aber dies muss eine Demokratie doch aushalten können!“ Sein Appell: „Wir brauchen mehr Menschen, die sich nicht nur um sich selbst kümmern, als Ich-AG, sondern mehr Menschen, die sich um das Ganze kümmern.“ Dann ging er auf seine persönlichen Krisen ein und blickte zurück auf 2011/12, als er drei Monate lang im öffentlichen Feuer stand und anschließend sein Rücktritt erfolgte. Was ihm in der Krise geholfen habe? „Kalendersprüche waren wenig hilfreich“, meinte er schmunzelnd. Wichtiger sei es für ihn gewesen, den Dingen auf den Grund zu gehen. „Wir haben die Gewissheit, dass das Leben auf keinen Fall so verläuft, wie wir es gedacht oder uns vorgestellt haben“, betonte er und weiter: „Das Leben ist eine Achterbahnfahrt.“ Krisen hätten aber durchaus etwas Positives: „Menschen, die viele Krisen erlebt haben, haben sehr viel mehr Resilienz, sind professioneller und gelassener als diejenigen, für die Krisen eine Ausnahmesituation darstellen.“ Wichtig in der Krise seinen vor allem auch soziale Kontakte, Familie und Freunde: „Menschen, die einen tragen und auffangen.“ Am Ende erklärte er dann seine persönliche Glücksformel. Diese gehe er jeden Abend vor dem Einschlafen durch anhand des Begriffs „Glück“; „Das G steht für geistige Erbauung – was habe ich heute Neues gelernt? Das L steht für die Liebe: Habe ich heute ausreichend getan für Kinder, Frau, Familie, Freunde? Das Ü steht für überschäumende Lebensfreude – dass man sich noch wie Kinder über etwas freuen kann. Das C steht für Commitment – sich verbindlich für etwas einsetzen zu können, ist ein Schlüssel zum Glück. Und das K steht für Körperlichkeit, denn ein gesunder Geist soll bekanntlich in einem gesunden Körper wohnen, aber dies wird leider von vielen Menschen nicht ernst genommen.“ Sein Fazit: „Man sollte stolz darauf sein, hingefallen zu sein, denn dies zeigt, dass man auch wieder aufstehen kann.“ Bei der anschließenden Gesprächsrunde kam auch die Frage auf, ob er nicht in die Politik zurückkehren wollte, worauf er schmunzelnd antwortete, er wolle lieber im Hintergrund bleiben: „Ich bin Mentor und unterstütze viele junge Menschen. Ich bin aber nicht mehr vorne im Schaufenster, denn das ist nicht kompatibel mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Alles ist gut.“

Fotocredit: Alexander Courtman

Korbinian Kohler rief die Vortragsreihe nach Beendigung seines Philosophie-Studiums zusammen mit Prof. Dr. Wilhelm Vossenkuhl (LMU) ins Leben. Sein Ziel ist es, mit dem Korbinians-Kolleg Fragen der Zeit auf höchstem Niveau zu beleuchten und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Über die Teilnahme von Christian Wulff als Gastredner freute er sich besonders: „Wir haben uns über gemeinsame Freunde bei einem Abendessen kennen gelernt. Wir stellten fest, dass wir beide schon einen Teil des Jakobwegs gegangen sind und Christian Wulff sagte damals zu mir: ‚Kommen Sie doch mit, wir gehen um die Osterzeit.‘ Es war unser vorletzter Wandertag, und nach 28 Kilometern ist man fix und fertig und möchte eigentlich nur noch in die Badewanne. Aber bei der letzten Kaffeepause kam ein junges Paar auf uns zu, und sie brachten den Mut auf, Christian Wulff nach einer persönlichen Widmung für ihr Tagebuch zu fragen, denn es war ihre Hochzeitsreise. Christian Wulff hat sich damals eine halbe Stunde lang Zeit genommen, und seine persönlichen Eindrücke der Reise für die beiden niedergeschrieben. Ich möchte damit sagen: Wir haben es nicht mit einem oberflächlichen Menschen zu tun, sondern mit einem Menschen, der andere Menschen mag und sich für diese Zeit nimmt“, so Korbinian Kohler. „Zudem war ich zu seinem 60. Geburtstag nach Großburgwedel eingeladen. Das war kein Riesenfest, kein roter Teppich, sondern eine familiäre Feier bei einem kleinen Italiener – sehr bodenständig. Und während meiner persönlich größten und sehr emotionalen Krise, der Corona-Krise, als ich durch das leere Hotel gehen und die Mitarbeiter nach Hause schicken musste, hat Christian Wulff mich gecoacht: Er hat mich täglich angerufen oder Nachrichten geschickt, hat mich also durch diese Krise durchgetragen. Christian Wulff ist ein Mensch, der gerne liest, erzählt und noch lieber zuhört, der vereint, aber nicht mit dem Strom schwimmt. Für mich ist er ein großartiger Freund“, so Korbinian Kohler, der von seiner Frau Suse (Künstlerin) begleitet wurde.

Fotocredit: Alexander Courtman

Er konnte dieses Mal zahlreiche weitere namhafte Persönlichkeiten als Gäste im Publikum begrüßen, unter anderem Florian Haller (CEO der Serviceplan Group), die Unternehmerin Elisabeth Kreutzkamm-Aumüller (Conditorei Kreutzkamm), das Verleger-Ehepaar Wolfram und Christiane Weimer, den Orthopädie-Experten Dr. Martin Marianowicz, den Unternehmer und Schriftsteller Dirk Rossmann (Drogeriemarktkette Rossmann) sowie die renommiere Fotografin Herlinde Koelbl.

Nach dem offiziellen Teil mit Diskussions-Runde hatten die Gäste die Möglichkeit, beim Gala-Dinner mit dem Referenten in kleiner Runde persönlich ins Gespräch zu kommen. Für eine tiefergehende Lektüre ist das Buch „Ganz oben, ganz unten“ von Christian Wulff zu empfehlen.

Kuratiert und moderiert wurde das Programm wie gewohnt vom Münchener Philosophen Prof. Dr. Wilhelm Vossenkuhl. Das „Korbinians Kolleg“ findet im Wintersemester einmal im Monat, immer an einem Freitag, statt. Die Teilnahme an den Vorträgen ist für Hotelgäste sowie für Externe bei vorheriger Anmeldung kostenfrei. Wer dieses Mal nicht dabei war: Nächster Termin und gleichzeitig der Abschluss des diesjährigen Korbinian-Kollegs ist der 24. März 2023 mit einem Vortrag von Prof. Dr. Monika Schnitzer (Professorin für Volkswirtschaftslehre an der LMU München).

Text: Andrea Vodermayr

Fotocredit: Alexander Courtman

Michaela Etzel
Michaela Etzel https://www.jetset-media.de

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